Blog 7. Sozialphobie “Stigmatisierung, wie immer”

Liebe Leser,

Heute möchte ich ein Thema ansprechen, das vielen von uns, die mit sozialer Phobie leben, nur zu gut bekannt ist: Stigmatisierung. Es ist ein Thema, das oft im Hintergrund bleibt, aber enorme Auswirkungen auf unser Leben hat. Vielleicht hast auch du, wie ich, schon einmal die unangenehmen Blicke gespürt oder die schmerzhaften Worte gehört, die unsere Unsicherheiten und Ängste nicht verstehen, sondern sie verstärken. Stigmatisierung, sei es von außen oder auch von uns selbst, prägt unser Bild von uns und von anderen.


Lass uns gemeinsam einen Blick darauf werfen, wie Stigmatisierung unsere Gedanken und Gefühle beeinflusst 


Stigmatisierungen

„Du übertreibst es, niemand denkt so viel über dich nach.“

Aufklärung: Für Menschen mit sozialer Phobie fühlt es sich oft so an, als ob jeder Blick und jedes Wort sie direkt beurteilt. Diese Wahrnehmung ist nicht irrational, sondern das Ergebnis intensiver Ängste. Auch wenn andere möglicherweise nicht so viel über eine Person nachdenken, kann die Betroffene Person dies in ihrem eigenen Kopf anders erleben.



„Menschen mit sozialer Phobie sind sozial inkompetent.“


Aufklärung: Menschen mit sozialer Phobie sind oft sehr einfühlsam und können sehr gute Zuhörer sein, aber die Angst vor negativem Urteil hindert sie daran, sich in sozialen Situationen so zu verhalten, wie sie es gerne würden. Ihre sozialen Fähigkeiten sind nicht weniger entwickelt, sie werden lediglich von der Angst blockiert.



„Alle haben doch irgendwie Angst vor sowas, du bist nicht alleine.“


Aufklärung: Es stimmt, dass jeder ab und zu nervös oder ängstlich in sozialen Situationen ist, aber soziale Phobie ist eine viel tiefere und allumfassendere Angst. Es handelt sich um eine ständige, lähmende Angst, die das tägliche Leben und die Lebensqualität der betroffenen Person erheblich beeinträchtigt. Sie geht über die gelegentliche Nervosität hinaus und führt zu ernsthaften Problemen in vielen Bereichen des Lebens.


Mit der Zeit lernte ich, dass Stigmatisierung nicht nur von anderen kommt, sondern auch von mir selbst. Ich verurteilte mich dafür, dass ich so war, wie ich war. Ich fühlte mich minderwertig und anders, als ob ich nicht den „normalen“ gesellschaftlichen Standards entspreche. Die Stimmen in meinem Kopf waren oft genauso schroff und ablehnend wie die Urteile, die ich von anderen erlebte. „Du bist komisch. Du bist nicht genug.“

Heute weiß ich, dass diese Stigmatisierung nicht die Wahrheit über mich ist. Ich habe gelernt, dass soziale Phobie eine echte Herausforderung ist, aber sie macht mich nicht weniger wertvoll. Diese Krankheit definiert nicht, wer ich bin, sondern ist nur ein Teil meiner Geschichte. 

Es ist wichtig zu wissen, dass niemand für seine Ängste oder Unsicherheiten verantwortlich ist. Wir alle sind Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen, und wir dürfen nicht in einem Meer von Urteilen ertrinken. Was ich heute weiß, ist, dass Stigmatisierung nicht in meine Definition von mir selbst gehört. Ich werde weiterhin daran arbeiten, mich selbst zu akzeptieren und die äußeren und inneren Urteile abzulegen, um als der Mensch zu leben, der ich bin – mit all meinen Ängsten und Stärken.

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