Blog 3. Sozialphobie “Selbstkritik, ich?”

Liebe Leser, 

Kennt ihr auch den inneren Kritiker, dem kein eurer Verhaltensweisen recht ist? Der alles verurteilt, was du sagst, denkst, tust..

Mit eurer Hilfe analysiere ich den inneren Kritiker und gehe seiner Mission auf den Grund. Folgen wie Vermeidung und dessen Kreislauf helfen zu verstehen, was wir dem inneren Kritiker für eine Macht geben.

Aber erstmal viel Spaß beim lesen!

Die inneren Dialoge – Der ständige Richter

„Du bist nicht gut genug.“

„Warum hast du das gesagt? Das war doch peinlich.“

„Schau dir deinen Fehler an. Sie haben bestimmt bemerkt, wie unsicher du bist.“

„Du bist nicht fähig, das richtig zu machen.“

Diese Stimmen hallen immer wieder durch meinen Kopf, oft bevor ich überhaupt den Raum betrete oder ein Gespräch beginne. 

Es beginnt schon bei den kleinsten Dingen, wie einer Nachricht, die ich an einen Freund sende. Bevor ich auf „Senden“ klicke, höre ich schon seine Stimme: „Hast du das richtig formuliert? Was, wenn das falsch rüberkommt? Du bist doch viel zu direkt.“ In diesem Moment weiß ich nicht mehr, ob ich die Nachricht ausdrucke, um zu kommunizieren, oder ob ich versuche, perfekt zu sein, um diese unzähligen Erwartungen zu erfüllen. Meistens sende ich die Nachricht und bereue es sofort. Ich sehe mir den Text noch einmal an und finde Fehler, die der Richter mir sofort vor Augen führt. Die Gedanken wiederholen sich: „Warum hast du das nicht anders geschrieben?“

Der Richter analysiert jedes Gespräch, jede Entscheidung, als wäre mein Selbstwert von der Meinung anderer abhängig. „Wie hast du dich bei diesem Treffen präsentiert? War das ausreichend? Hast du dich zu blöd angestellt?“ Diese ständige Selbstkritik frisst mich auf. Jedes Wort, das ich sage, jedes Verhalten, das ich zeige, wird in eine Waagschale gelegt und mit einem strengen Maßstab bewertet. Der Fehler, den ich am meisten mache, ist, dass ich nicht in der Lage bin, diesen Richter zu beruhigen.

Diese übermäßige Selbstkritik hat tiefgreifende Auswirkungen auf mein Selbstbild. Ich beginne, an allem zu zweifeln. „Bin ich wirklich so unsicher?“ 

Es entsteht das Gefühl, nie genug zu sein – nicht für die anderen, aber vor allem nicht für mich selbst. Ich beginne, mich selbst zu hinterfragen: „Bin ich wirklich die Person, die ich glaube zu sein?“ Ich stelle fest, dass ich in einem ständigen Zustand des Misstrauens zu mir selbst lebe, mich ständig mit einer Version von mir vergleiche, die es so nie gegeben hat – die Version, die perfekt ist, die keine Fehler macht und immer die richtigen Worte findet.

Dieses Muster der Selbstkritik führt zu einem ständigen Kreislauf aus Selbstzweifeln und Vermeidung. 

Und so lebe ich mit diesem ständigen Begleiter der Selbstkritik, der mich immer wieder daran erinnert, dass ich nie genug bin. 

Der Kreislauf der Vermeidung – Wie uns die Angst die Freiheit raubt???

Der erste Schritt: Vermeidung.

Die einfachste Lösung erscheint in dem Moment, sich zurückzuziehen – den geplanten Ausflug abzusagen, das Gespräch zu meiden, das Telefonat zu verschieben. Diese Vermeidung bringt eine kurzfristige Erleichterung: Die unangenehmen Gefühle verschwinden für den Moment. Aber dieser Schritt hat einen Preis: Er stärkt die Ängste und gibt dem Gedanken, dass soziale Situationen wirklich bedrohlich sind, noch mehr Raum.

Der zweite Schritt: Bestätigung der Angst.

Die Vermeidung bestätigt jedoch die eigene Angst. Indem man sich von schwierigen sozialen Situationen fernhält, entsteht der Eindruck, dass diese Ängste gerechtfertigt sind. Man gibt sich selbst das Gefühl, dass die Welt tatsächlich gefährlich ist und dass man nicht in der Lage ist, diese Herausforderungen zu meistern. Statt zu lernen, wie man mit Ängsten umgehen kann, wird der Körper in seinem Zustand der Flucht verharren

Der dritte Schritt: Die Freiheit schwindet.

Mit jedem Mal, wenn man eine soziale Situation vermeidet, wird der Bereich des Lebens, in dem man sich sicher fühlt, immer kleiner. Der Freundeskreis, die Arbeit, die Schule, alles wird durch diese ständig wachsende Mauer der Angst begrenzt. Die Freiheit, neue Menschen zu treffen, neue Erfahrungen zu sammeln, selbstständig zu agieren und einfach zu sein, wie man ist, wird immer weiter eingeschränkt.

Ich als Grenzgängerin habe einen starken inneren Kritiker, genau wie auch manch andere von euch. Ich habe gelernt ihn zuzuhören und zu validieren. Durch einen freundlichen Umgang mit ihm wünsche ich mir einen ähnlichen Umgang.  

Wie mächtig ist euer innerer Kritiker und wie schafft er euch zu überreden?

Zurück
Zurück

Blog 2. Sozialphobie “Der erste Blick in den Spiegel”

Weiter
Weiter

Blog 4. Sozialphobie “Maske auf”