Blog 12. Posttraumatische Belastungsstörung

Liebe Leser, hier geht es jetzt um die Welt als (un-)sicheren Ort. Die Welt wie ich sie wahrnehme im Gegensatz zu dem Rest der Welt bzw. Psychisch gesunden Menschen. Viel Spaß beim lesen.

Eine kurze Trigger-Warnung:

In diesem Blog teilen wir persönliche Erfahrungen, Gedanken und Informationen zu PTBS. Dabei sprechen wir auch über schwierige Themen wie Trauma, Flashbacks und Ängste. Wenn du dich von diesen Inhalten getriggert fühlen könntest, nimm dir bitte die Zeit, auf dich zu achten

Zwei Welten: Wie ich die Welt mit PTBS sehe und wie andere sie sehen

Für viele Menschen ist die Welt ein Ort voller Möglichkeiten. Ein Ort, an dem sie sich sicher fühlen, in dem Begegnungen Freude bereiten und alltägliche Geräusche oder Gerüche nichts weiter sind als beiläufige Begleiter ihres Tages. Doch für mich sieht die Welt anders aus.

Wie andere die Welt sehen 

Für Menschen ohne PTBS ist die Welt meist ein Ort, an dem sie sich frei bewegen können. Sie begegnen fremden Menschen, probieren neue Dinge aus, betreten unbekannte Räume – alles mit einem Grundvertrauen, dass sie in Sicherheit sind.

Ein Cafébesuch: Für sie ist es ein entspannter Moment, vielleicht mit einem Buch oder einer Freundin.

Eine Menschenmenge: Für sie bedeutet es Lebendigkeit, Vielfalt, ein Teil von etwas Größerem zu sein.

Ein plötzlicher Laut: Ein unerwartetes Geräusch ist vielleicht ein kurzer Schreck, nichts weiter.

Die Welt der anderen ist vorhersehbar, sie bleibt in ihrer Struktur stabil. Auch wenn Herausforderungen kommen, sehen sie in der Welt einen Ort, an dem sie Unterstützung und Zuflucht finden können.

Meine Welt

Für mich fühlt sich die Welt anders an. Sie ist voller Unsicherheiten, voller unsichtbarer Fallen, die mich jederzeit zurück in meine Vergangenheit reißen können.

Ein Cafébesuch: Der Geruch von Kaffee, das Lachen der Menschen – alles könnte ein Trigger sein. Mein Herz rast, meine Muskeln spannen sich an. Ich suche den Notausgang, nur für den Fall, dass ich fliehen muss.

Eine Menschenmenge: Für mich ist sie erdrückend, chaotisch, voller unbekannter Gefahren. Ich fühle mich beobachtet, bedroht, ausgesetzt.

Ein plötzlicher Laut: Es ist nicht nur ein Schreckmoment. Es ist ein Blitz, der Erinnerungen weckt, Bilder, Gefühle, die ich längst vergessen wollte.

Die Welt ist nicht stabil für mich. Sie verändert sich ständig, wird von meinen Traumata geprägt und lässt mich selten zur Ruhe kommen.

Unbekannte Orte: Für andere eine Möglichkeit, Neues zu entdecken. Für mich ein Ort, den ich zuerst analysieren muss, um sicherzugehen, dass keine Gefahr lauert.

Beziehungen: Während andere Nähe genießen, kämpfe ich mit dem ständigen Wechsel zwischen Sehnsucht nach Nähe und dem Bedürfnis, mich zu schützen.

Die Nacht: Für andere ein Moment der Ruhe. Für mich die Zeit, in der Albträume mich heimsuchen und ich mit Schlaflosigkeit kämpfe.

Der ständige Kampf um Sicherheit

Für andere ist Sicherheit ein Grundgefühl. Für mich ist es etwas, das ich mir immer wieder aktiv erarbeiten muss. Ich muss wissen, wo die Ausgänge sind, wer in meiner Nähe ist, welche Geräusche und Gerüche mich umgeben. Ich muss mich vorbereiten: mental, emotional, körperlich.

Die Welt der anderen und meine Welt im Kontrast

Die Welt der anderen ist farbig, lebendig, voller Möglichkeiten. Meine Welt ist oft grau, überschattet von Erinnerungen, die ich nicht abschalten kann. Doch sie ist auch intensiver, bewusster. Ich sehe Details, die andere übersehen; ich erkenne Gefahren, bevor sie sichtbar werden, ich nehme Stimmungen wahr, die andere ignorieren.

Grenzgängerin 

Vielleicht ist das der wichtigste Schritt: Brücken zu bauen zwischen der Welt, wie ich sie sehe, und der Welt, wie sie für andere ist. Denn auch wenn meine Sicht geprägt ist von PTBS, gibt es in beiden Welten Momente der Hoffnung, des Mutes und der Verbindung. Und diese Gemeinsamkeiten erinnern mich daran, dass ich nicht völlig allein bin.

(TW Minenfeld)

Für viele Menschen ist die Welt ein sicherer Ort. Sie bewegen sich durch den Alltag mit einem Grundgefühl von Stabilität, einem Vertrauen in ihre Umgebung und die Menschen um sie herum. Doch für mich, als Grenzgängerin mit PTBS, sieht die Welt anders aus. Sie ist kein Ort der Sicherheit – sie ist ein Minenfeld, das ich jeden Tag durchqueren muss, immer auf der Hut vor dem nächsten Auslöser.

Als Grenzgängerin bewege ich mich zwischen diesen Welten. Ich sehe die Welt der anderen, den sicheren Ort, den sie erleben. Und ich sehe meine Welt, die von PTBS gezeichnet ist. Ich versuche, Brücken zu schlagen: Momente zu schaffen, in denen ich die Sicherheit der anderen Welt spüren kann.

Die Welt mag für mich anders aussehen, doch das bedeutet nicht, dass sie weniger wertvoll ist. Als Grenzgängerin lerne ich, mit den Herausforderungen zu leben, meine eigene Sicherheit zu schaffen und die Schönheit in den kleinen, sicheren Momenten zu finden. Vielleicht ist die Welt kein sicherer Ort für mich – aber sie ist immer noch mein Zuhause, und ich baue es Stein für Stein neu auf.

Liebe Leser,

Vielleicht seht ihr die Welt auch anders. Vielleicht auch anders als ich. Vielleicht wusstet ihr nichtmal wie andere die Welt ansehen. Ich hoffe es zeigt euch, wie stark eine Krankheit wie PTBS ein Leben verändern kann. Danke fürs lesen und bis dann!

Eure Grenzgängerin 

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