Die Borderline Erkrankung
Die Reise einer Grenzgängerin in der Welt von Borderline
Hallo Du!
Vielleicht bist du hier, weil du selbst betroffen bist. Vielleicht, weil jemand in deinem Umfeld die Diagnose Borderline hat und du es verstehen möchtest. Egal warum – du bist nicht allein. Borderline ist schwer zu begreifen, aber ich werde versuchen, es dir zu zeigen – so, wie ich es erlebe.
Leben am Abgrund“ - die Gesichter vom Borderline
Eine kurze Scene aus meinem Alltag
Es war nur ein Abschied, aber für mich fühlte es sich an wie das Ende (unserer Beziehung):
Mit jedem Schritt, den er sich entfernte, wurde die Stille in meinem Kopf lauter. Er fährt nach Hause – mehr war nicht passiert. Kein Streit, keine schlechten Worte. Und doch sitze ich hier, allein in meiner kalten Wohnung, mit einem Schmerz, der sich immer weiter ausbreitet. Mein Kopf ist voller Gedanken: „Er wird nicht wieder kommen.“ Innerhalb von Sekunden rutsche ich in ein schwarzes Loch, in dem nur noch diese eine Überzeugung existiert: Ich kann nicht ohne ihn leben. Ich weiß nicht, wer ich bin, wenn er nicht da ist.
Die Anspannung in mir wird unerträglich.
Ich greife zu alten Mustern, die ich doch eigentlich längst hinter mir lassen wollte. Selbstverletzung – nicht, weil ich es will, sondern weil es der einzige Weg scheint, um diesen Sturm zu kontrollieren. Ich spüre, wie die Krise näher rückt, ausgelöst durch etwas, das für andere so klein erscheint.
Aber für mich? Für mich ist es alles. Und ich frage mich, wie lange ich diesen Krieg in mir selbst noch kämpfen kann.
Zitate, die die Realität von Borderline spiegeln
„Borderline zu haben ist wie ohne Haut durch die Welt zu gehen. Alles trifft dich ungefiltert – jede Emotion, jeder Schmerz, jede Ablehnung. Du fühlst alles, und das zu intensiv.“
„Borderline bedeutet, dass ich in Extremen lebe. Liebe oder Hass, Euphorie oder Verzweiflung – dazwischen existiert nichts. Grautöne gibt es nicht in meiner Welt.“
„Stell dir vor, du schreist in einem Raum voller Menschen, aber niemand hört dich. Dieses Gefühl der Einsamkeit und Verzweiflung ist Borderline.“
„Borderline ist der ständige Kampf zwischen dem Wunsch nach Nähe und der Angst, verlassen zu werden. Ich stoße Menschen weg, die ich doch am meisten brauche.“
Borderline bedeutet, dass ich zu viel fühle und zu wenig aushalte.“
Borderline auf der K(L)ippe - Metapher:
Dein Selbstwert ist ein Kartenhaus, das bei jedem kleinen Windstoß in sich zusammenfällt. Nichts an dir ist stabil, sagt dir eine leise, aber beständige Stimme. Du versuchst, Halt zu finden, klammerst dich an andere, doch jede Beziehung fühlt sich wie ein Drahtseilakt an – ein Schritt zu nah, und du stürzt.
Die Wahrheit über Borderline
Stigmatisierung: „Borderline-Betroffene sind immer aggressiv und impulsiv.“
Wahrheit: Zwar gehören Impulsivität und emotionale Ausbrüche zu den Symptomen von Borderline, jedoch nicht bei jeder betroffenen Person in gleicher Weise. Viele kämpfen still und richten ihre Wut eher nach innen – durch Selbstverletzung oder selbstschädigendes Verhalten. Die Aggression ist oft ein Ausdruck von Hilflosigkeit oder Überforderung mit der eigenen Gefühlswelt.
Stigmatisierung: „Menschen mit Borderline sind beziehungsunfähig.“
Wahrheit: Viele Betroffene wünschen sich sehr intensive, stabile Beziehungen, haben jedoch Schwierigkeiten, sie aufrechtzuerhalten. Ursachen sind häufig die Angst vor Verlassenwerden, das „Schwarz-Weiß-Denken“ und emotionale Überreaktionen. Mit Therapie, Selbstreflexion und unterstützenden Partnern sind liebevolle und gesunde Beziehungen möglich.
Stigmatisierung: „Menschen mit Borderline sind gefährlich.“
Wahrheit: Borderline-Betroffene sind in erster Linie eine Gefahr für sich selbst, nicht für andere. Selbstverletzung, Suizidgedanken oder riskantes Verhalten resultieren aus dem inneren Leid, das sie erleben.
Wenn die Ängste sprechen: Eine hypothetische Auseinandersetzung mit dem Inneren
Du hast einen Streit mit deinem Partner und er sagt etwas, das dich verletzt. Sofort denkst du, dass er dich nie wirklich liebt und dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. In deinem Kopf entsteht die Vorstellung, dass entweder alles perfekt ist oder die Beziehung komplett scheitern wird. Du fühlst dich zwischen extremer Verzweiflung und dem Drang, die Beziehung sofort zu beenden.
(„Stell dir vor, du schickst deinem Partner eine Nachricht: ‚Geht es dir gut?‘ Eine einfache Frage, nichts Dringendes. Doch die Minuten vergehen, dann eine Stunde – keine Antwort. Plötzlich beginnt dein Herz zu rasen, deine Gedanken überschlagen sich: Warum antwortet er nicht? Habe ich etwas falsch gemacht? Liebt er mich nicht mehr? Verlässt er mich? Diese Gefühle breiten sich in dir aus wie ein Feuer, das du nicht löschen kannst. Dein Verstand sagt, dass es keinen Grund zur Sorge gibt, doch die Angst, die Leere und der Schmerz sind stärker.“
-> Diese Situation, die viele als harmlos empfinden würden, kann für jemanden mit Borderline eine emotionale Krise auslösen.)
Zwischen Himmel und Hölle: Leben in Extremen mit Borderline
Dinge werden in extremen Kategorien gesehen: Alles oder nichts, gut oder schlecht, liebenswert oder ungeliebt.
Beziehungen, Ereignisse oder Personen werden entweder als perfekt oder katastrophal wahrgenommen – es gibt keinen Mittelweg.
In Beziehungen kann der Partner von einem Moment auf den anderen von „absolut toll“ zu „absolut enttäuschend“ werden.
Die Identität kann sich ständig verändern. Wer man ist, wird oft in Bezug auf andere definiert
Impulsives Verhalten, wie z.B. riskante Aktivitäten (Alkoholmissbrauch, Drogen, ungeschützte Sexualität), kann als Weg dienen, die intensiven Emotionen zu betäuben oder zu verändern.
Menschen mit Borderline können sich gleichzeitig als „nicht genug“ und als „zu viel“ erleben.
Selbstzweifel sind allgegenwärtig. Menschen mit Borderline zweifeln ständig an ihren eigenen Entscheidungen, Gefühlen und Wahrnehmungen.
Das Selbstbild ist in ständiger Veränderung und manchmal fast wie ein leeres Blatt, das darauf wartet, von außen beschrieben zu werden.
„Ein Blick hinter den Spiegel: Was du nicht siehst, wenn du mich anschaust“
Reflexion über die äußere Wahrnehmung und die innere Realität:
Von außen sehe ich vielleicht stark aus. Vielleicht denke ich selbst oft, dass ich es bin. Ich spreche ruhig, ich lächle, ich funktioniere. In meinen sozialen Medien teile ich Bilder von meinem Leben, in denen alles perfekt scheint. Doch das, was du siehst, ist Fake. Die Realität bleibt für dich unsichtbar.
Es beginnt vielleicht mit einem kleinen Gedanken, einem Moment der Unsicherheit: „Habe ich etwas Falsches gesagt?“ Doch dieser Gedanke wächst und wächst, bis er mich vollkommen überwältigt. Die Selbstzweifel kommen über mich wie ein Sturm – „Niemand mag mich. Ich bin zu viel. Ich werde immer allein sein.“
„Du siehst doch gut aus!“, höre ich oft. „Du wirkst so stark!“ – Doch diese Bemerkungen schneiden tiefer als erwartet. Sie bestätigen, was ich selbst nicht weiß: „Wieso merken sie nichts? Wieso können sie nicht sehen, wie zerrissen ich bin?“ Ich versuche, in dieser Welt zurechtzukommen, mit einem ständigen inneren Kampf, der außerhalb nicht sichtbar ist.
Vielleicht noch schwieriger ist die Tatsache, dass ich mich selbst manchmal kaum erkenne. An einem Tag fühle ich mich voller Energie, als könnte ich die Welt erobern. Am nächsten Moment bin ich von einer Flut aus Zweifeln und Selbsthass ertränkt. Wer bin ich eigentlich? Was möchte ich wirklich?
Und dann sind da die Beziehungen. Du siehst die Konflikte, die Wutausbrüche, die Momente, in denen ich verzweifelt nach Nähe suche. Aber du siehst nicht die Ängste, die hinter meinem Verhalten stecken. Du weißt nicht, wie sehr ich Angst habe, dass du mich irgendwann verlassen wirst, dass du nicht mehr für mich da sein wirst. Und genau diese Ängste treiben mich an, Entscheidungen zu treffen, die ich später bereue – Dinge zu sagen, die dich verletzen, oder mich in einer Art und Weise zu verhalten, die dir Unbehagen bereitet. Ich fühle mich gefangen in meinen eigenen Ängsten, in der Angst, „zu viel“ zu sein oder „nicht genug“. Aber wie kann ich dir das erklären, wenn ich selbst nicht einmal weiß, was genau in mir vorgeht?
Du siehst nur die Außenfassade, die oft von Stabilität und Stärke geprägt ist. Aber wenn du einen Blick hinter den Spiegel werfen würdest, würdest du erkennen, dass die innere Welt ein ständiger Kampf ist – ein Kampf mit den eigenen Ängsten, der Identität und den zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist nicht so, dass ich „einfach“ stark bin – ich bin oft erschöpft, verloren und von meinen eigenen Gefühlen überwältigt. Doch ich kämpfe weiter, versuche zu verstehen, wer ich wirklich bin und wie ich in dieser Welt bestehen kann.
„Die Stille im Chaos: Wenn Gedanken und Gefühle aufeinanderprallen“
Emotionsregulation ist die Fähigkeit, Gefühle in einem gesunden und kontrollierten Rahmen zu erleben und zu verarbeiten. Es geht darum, nicht nur zu verstehen, was du fühlst, sondern auch zu wissen, wie du diese Gefühle angemessen ausdrücken oder mit ihnen umgehen kannst. In einem Zustand emotionaler Instabilität ist es extrem schwierig, rational zu denken, weil die Emotionen die Wahrnehmung der Situation verzerren, sodass die Entscheidungsfindung eingeschränkt ist. Deine Impulse werden von deinen Ängsten gesteuert und lassen keinen Platz für eine objektive Betrachtung der Situation.
„Wenn Zuneigung zu Schmerz wird: Die Zerbrechlichkeit von Beziehungen bei Borderline“
Beziehungen, die immer wieder von intensiven Höhen und Tiefen geprägt sind. Beziehungen sind für jemanden mit Borderline sowohl eine Quelle von Intensität und Nähe als auch Angst und Verletzung.
Für jemanden mit Borderline ist eine toxische Beziehung oft ein gefährliches, aber auch ein vertrautes Terrain. Es ist eine Verbindung, die sich ständig im Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz, Liebe und Schmerz bewegt. Du fühlst dich immer wieder zu der Person hingezogen, die dir in der Vergangenheit Halt gegeben hat, auch wenn diese Person dir gleichzeitig tiefen Schmerz zufügt. Diese Beziehung wird zu einem Teufelskreis: Immer wieder kommst du zurück, obwohl du weißt, dass es dir schadet. Denn in den Momenten, in denen du dich am tiefsten verletzt fühlst, wird dieser Mensch zum einzigen Ort, an dem du Trost suchst.
Du bist auf diese Person angewiesen, um die Leere zu füllen, die du in dir spürst, und sie ist der einzige „Anker“, der dich in den stürmischen Gewässern deines Lebens hält. Aber dieser Anker ist nicht stabil. Er zieht dich unter Wasser, sobald du am meisten auf ihn angewiesen bist. Und trotzdem, auch wenn du verletzt wirst, kommst du immer wieder zurück. Du kannst nicht loslassen, weil du glaubst, dass du ohne diese Person nicht überleben kannst. Du fragst dich, warum du es nicht schaffst, einfach zu gehen, obwohl du weißt, dass es dir nur Schaden zufügt.
Aber die Wahrheit ist: Die Leere, die du fühlst, ist so groß, dass du verzweifelt versuchst, sie mit der intensiven Nähe dieser Person zu füllen. Und gleichzeitig weißt du, dass diese Nähe oft mit Schmerz und Verletzung verbunden ist. Aber du kannst nicht anders. Die Angst, zu bleiben, ist genauso lähmend wie die Angst, zu gehen.
Meine Reise als „Grenzgängerin“ - der erste Blick hinter dem Abgrund
Es ist kein einfaches Leben, aber es ist mein Leben. Ein Leben, das von intensiven Gefühlen, einem ständig wechselnden Selbstbild und einer endlosen Suche nach Stabilität geprägt ist. Doch gerade in dieser Dunkelheit entdecke ich immer wieder Licht.
Der Weg als „Grenzgängerin“ ist kein leichter. Aber es ist der Weg, den ich gehe. Vielleicht ist es dieser Weg, der mir zeigt, wie stark ich wirklich bin – nicht trotz, sondern wegen meiner Unsicherheiten und Ängste.
Dieser Blog ist ein Ort, um diese Reise zu teilen. Ein Raum, um die Herausforderungen von Borderline sichtbar zu machen und die falschen Vorstellungen zu entlarven, die oft um diese Diagnose ranken. Wenn du dich auf diesem Weg befindest oder jemanden kennst, der es tut, weißt du, dass du nicht allein bist. Die Reise mag schwer sein, aber sie ist es wert, gegangen zu werden.
Ich lade dich ein, mit mir zu gehen – Schritt für Schritt, entlang der Grenzen, die uns prägen, aber auch die Freiheit in uns entdecken lassen.
Deine „Grenzgängerin“.